Dienstag, 15. März 2011

30 Tage Jubiläum

Ein Namaste nach Hause! Ich hoffe es geht euch gut. Zu erst einmal möchte ich sagen dass auch wir alle von der schrecklichen Katastrophe in Japan mitgenommen sind. Man bekommt hier zwar wenig durch Radio oder Fernsehen mit, aber durch das Internet kann ich immer wieder Updates checken. Es ist schlimm was die Menschen dort mitmachen müssen und doch bin ich der Überzeugung dass die Menschheit widerstandsfähig ist. In dem Moment in dem das Beben stoppte haben die Leute dort schon zu adaptieren begonnen. Und durch unser Mitgefühl und unsere Hilfe wird auch Japan wieder auf die Beine kommen!
Anlässlich meines 30 Tägigen Jubiläums in Nepal wollte ich euch auch noch mit einem kleinen Blog über mein Wohlbefinden entertainen. Die ersten 4 Wochen sind rum und ich habe es tatsächlich überstanden - mehr sogar ich habe mich an einiges gewöhnt und schon viele Erfahrungen gesammelt. Splitten wir mein Dasein in zwei Kategorien: Das Physische und das Psychische J

Los geht's mit der Zusammenfassung,
ich habe auch kräftig nachgedacht
Das Physische zu erst:
1.   Meine Klamotten werden leider nicht mehr sauber, der Staub und Dreck ist überall, also lauf ich eben rum wie jeder andere auch
Es war ein Mal ein Paar weiße Socken

2.   Er hat sich auch in meinen Lungen festgesetzt, auch wenn ich mir angewöhnt habe nur durch die Nase zu atmen da die Luft dort gefiltert wird
3.   Ohne Joggen oder Boxen nimmt meine Muskelmasse rapide ab; ich glaube mein Kreuz war zu letzt so schmal als ich in den Kindergarten gekommen bin
4.   Aber auch ohne Sport habe ich mir im Bus eine Leistenzerrung gehohlt und mein Fuß tut bei jedem siebten Mal auftreten weh
5.   Dafür fühle ich mich vom Essen aber ständig dick und kugelrund, da hier alles im Fett gebacken wird oder Zucker-Zucker süß ist
6.   Meine Haare sind noch mehr Stroh als sonst, da das Wasser so kalkig ist
7.   Ich habe mittlerweile ein gutes Auge dafür was mir an Essen bekommt und was ich lieber stehen lassen sollte (zum Beispiel die tollen Kuchen die so lecker aussehen aber dann herzhaft nach Chilli schmecken)
8.   Und doch werde ich regelmäßig am Wochenede krank (so wie auch letztes), scheint mein ganz persönlicher Rhythmus zu sein
9.   Ich habe auch schon das spackische Nepali Kopfschütteln drauf, hoffe aber dass ich mir das in Europa ganz schnell wieder abgewöhnen kann

Und immer schön lächeln


Nun zum Psychischen:
Erstaunlicherweise habe ich mich schon an viele Dinge angepasst:
1.      Kalte Duschen sind nicht mehr lästig sondern die Norm, ich bin positiv überrascht wenn es mal lauwarm kommt
2.      Ich freue mich auch jedes Mal wenn ich Strom habe und nutze ihn dann sofort um meine Kamera zu laden, Computer zu spielen, oder einen Tee zu kochen
3.      Ich schaffe es jeden Morgen mit dem Bus zur Arbeit und auch wieder zurück, und habe mich bisher noch nicht verfahren! (Gestern hat ein Kind nach dem aussteigen gespuckt)
4.      Das Gedränge, Gerämpel, und Gestoße macht mir schon fast nichts mehr aus. Ich versuche cool zu akzeptieren dass ich eben größer und stärker bin als alle und sie sich deshalb an mir festhalten und klammern müssen
5.      Auch das Gestarre kann ich mittlerweile hinnehmen, ich lächle einfach freundlich zurück und denke mir jedesmal wie froh ich doch bin dass ich schon so viel von der Welt gesehen habe
6.      Mit Hilfe eines gut gewählten Songs auf meinem MP3 Player kann ich auch über das Gehupe, Gespucke, Gerotze, und Geschreie auf den Straßen hinwegsehen. Ich tänzel dann zu Disney Soundtracks durch die Straßen
7.   Mir kommt es nicht mehr jedesmal hoch wenn ich an den Schlachtereien vorbei laufe. Dort wird fast jeden Morgen vor meinen Augen ein Kuh gehäutet und mit der Axt in Teile zerschlagen. Aber der Anblick und auch das frisch fließende Blut sind fast schon zur Normalität geworden

Kann aber durchaus sein dass ich so dabei aussehe :D
 8.   Ich desinfiziere mir auch nicht mehr ständig die Hände. Das heißt ich fasse sogar das stinkende Geld an, schüttle Hände und halte mich an der Stange im Bus fest ohne danach Sakrotan rauszuhohlen
9.   Ich habe gelernt mich nicht auf Angaben von Nepalis zu verlassen. So böse das klingt es ist einfach war dass sie nicht schätzen können/wollen oder sollten J Ich muss also wohl oder übel das gebrannte Kind werden bevor ich das Feuer schäuen kann
10. Ich brauche keinen Wecker mehr um um 5.25uhr aufzuwachen.
11. Ich habe gelernt das Fenster Nachts zu zu machen J
Ja das sind FLiegen.... viele Fliegen

12.  Jeden Morgen schaffe ich es jetzt sogar mich an dem farbenfrohen Nepal zu erfreuen. Die Natur ist wunderschön, die Vögel singen so bezaubernd, und die Gwänder der Nepalis sind genau mein Geschmack. Rot zu Orange, wen kümmerts?? J
Ich werde mein Haus auch mal im Nepali Stiel streichen
13.  Ich beneide die Frauen, sie sind so demütig und unterwürfig und nehmen ihr Schicksal hin, und doch sind sie so stolz und anmutig und stark, und dazu noch wunderhübsch! Die Nepali Herren.... ähm nicht so mein Fall J
14.  Noch ist es ziemlich langsam im Büro und wenn ich mal wieder nichts zu tun habe dann vertreibe ich mir die Zeit mit Büchern, Hörbüchern, Filmen, News lesen, und Computer spielen. Ich wusste nicht dass ich Mahjong auf meinem Computer habe, und ich wusste auch nicht dass es so süchtig macht?! J Ausser Heute, da musste ich einen 6 Seiten Spiegel Artikel übersetzen.
Alles in allem seht ihr also ich habe mich angepasst und verändert. Man darf die Dinge nicht zu sehr erzwingen, man muss lernen sie so zu nehmen wie sie sind (außer sie sind so schlecht dass man sie ändern muss). Ich fühle mich zwar jeden Tag wie ein Weichei, denn ich habe das Gefühl die Nepalis machen nie eine Pause (ich aber schau eben gern mal einen Film oder schlafe länger), außerdem habe ich immer den Trost dass ich wieder nach Hause gehen kann, sie haben aber keine Aussicht auf Besserung.
Ich denke mit vielem könnte ich ohne weiteres für längere Zeit klar kommen: dem Strom, Wasser, Dreck, etc. Eines jedoch macht mir richtig zu schaffen: Dass ich hier nicht dazu gehören kann. Man ist entweder eine Göttin oder eine Abart, in beiden Fällen wird man angestarrt. Man merkt man ist anders, und in manchen Fällen auch nicht willkommen; man wird also nie dazugehören.
Um so mehr freue ich mich auf zu Hause, wo die tollste Familie der Welt auf mich wartet. Wo meine Freunde mich immer mit offenen Armen willkommen heißen egal wie lange wir uns nicht gesehen haben. Ich vermisse es mit den Leuten die mir so lieb sind zusammen zu sitzen, zu quatschen, zu spielen, zu essen, zu backen, Musik zu machen etc. Aber ich weiß dass mir das nicht davon läuft und ich es im Sommer hundertmal nachholen werde J 
Wenn man die AUgen öffnet, findet man die Schönheit überall

So ich hoffe das war update genug! Ihr dürft gern kommentieren welche Punkte euch am meisten überraschen/belustigen/erstauen etc. Auf bald!
Annika

3 Kommentare:

  1. Hallo Annika,
    das ist ja wieder ein ganz toller Blog geworden, da hast du dir so manches von der Seele geschrieben. Ich wurde schon angesprochen, da hieß es: es ist so toll zu lesen, man kann sich richtig reinfühlen, Annika schreibt so autentisch und so ungekünstelt, so wie ihr eben der Schnabel gewachsen ist.
    Hut ab, was du in den 30 Tagen alles schon hinbekommen hast, der Mensch ist echt belastbar un dkann vieles aushalten, so wie du auch schreibst.
    Schöne Fotos hast du auch eingestellt, ich habe mir sie immer wieder angeschaut und werde das auch weiterhin tun, denn du fehlst uns genauso wie wir dir fehlen.
    Heute hat auch Karin zu mir gesagt, sie würde gerne mal eine Kommentar schreiben, aber sie weiß nicht wie das geht, im Chor auch schon jemand. Ich sagte ihnen, das sie sich über Google anmelden müssen, mal sehen, ob es klappt. Ist ja eigentlich garnicht so schwer.

    Ich wünsche dir weiterhin so viel Optimismus, Durchhaltevermögen und Beobachtungsgabe, passe dich nicht zu sehr an, sonst erkennen wir dich nicht wieder, wenn du nach Hause kommst:)
    Ich hab dich ganz doll lieb
    deine Mama

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  2. Danke Mama, und danke auch an alle die mir immer wieder Grüße aus der Heimat senden, hier aber keine Kommentare hinterlassen können. Uwe und Linde, Ihna, Siggi, etc. Danke es gibt Kraft :)

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  3. Hallo Annika,

    wir verfolgen deine Blogg immer sehr interessiert und staunen immer über deine Erlebnisse. Ich bewundere dich für dein Durchhaltevermögen !!!!!!
    Lass dich nicht unterkriegen!

    Liebe Grüße
    Sigi

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